Mittwoch, 19. Mai 2021

Schneckentempo

 

Neulich ging ich mit unserem Hund die übliche Runde Spazieren. Es war ein veregneter Tag und wir nutzen die Regenpause zum raus gehen. Auf dem Weg sah ich zwei Weinbergschnecken, die begonnen hatten, ein Blatt zu verspeisen.

Ich blieb stehen, beugte mich mit meinem Schirm in der Hand nach unten und schaute ihnen zu.Und ich kann euch sagen, so etwas dauuuerrrt.

Dabei kam mir plötzlich der Gedanke, dass in meinem Alltag oft keine Zeit dazu ist. Zum wirklich einmal intensiv Innehalten. Diese Langsamkeit, diese Entschleunigung, die mir diese beiden Schnecken in dem Moment gegeben haben, war unbeschreiblich.

Ich fühlte mich so leicht, so lebendig. Es waren wahnsinnig lehrhafte und schöne Minuten, die sie mir so ganz unbewusst gegeben haben.

Wieso geht es bei uns immer alles so schnell? Wieso juckt es uns immer in den Fingern, wenn wir uns mal kurz hinlegen und Pause machen? Tausend Gedanken schwirren in unseren Köpfen umher. „Du musst das noch bis dahin erledigen“ und „oh, hast du das schon gemacht?“, „ne, so ein Mist, total vergessen!“ und so weiter und sofort.

Wir sind es gar nicht mehr gewohnt, Inne zu halten, uns dem Schneckentempo anzupassen.

Stattdessen hechten wir von einem Ereignis, einer Aufgabe zur nächsten und merken oftmals nicht, welch wichtige Lebensminuten dafür drauf gehen. Welche Momente wir so verpassen. Beispielsweise bin ich den Weg schon so oft gegangen und bestimmt waren auch genauso oft Weinbergschnecken dort unterwegs.

Aber so wirklich wahrgenommen habe ich sie nie.

Uns wird diese wunderbare Wahrnehmung oft vom Alltag geraubt. Wir sind phasenweise nur Marionetten, die vergessen haben, wie es sich ohne die Schnüre an unseren Händen und Füßen anfühlt. Mit diesem kleinen, aber einprägsamen Ereignis, des Schneckentempos, habe ich begonnen, diese Schüre etwas einzureißen.

Ich möchte mir von nun an mehr in meinem Alltag solche verlangsamten Momente gönnen und Innehalten. Ich versuche es zumindest. Zum Schluss danke ich diesen beiden Schnecken von Herzen, das sie mich an etwas erinnert haben, das ich beinahe vergessen hatte: intensiv und wahrhaftig zu leben!

So, und nun wünsche ich euch allen ein paar kleine Weinbergschnecken, die euch demnächst über den Weg laufen!

 

Schneckentempo

  Neulich ging ich mit unserem Hund die übliche Runde Spazieren. Es war ein veregneter Tag und wir nutzen die Regenpause zum raus gehen. Auf...